Alles notiert? Die neuen Regeln sind wichtig für Schiedsrichter, Spieler - und Zuschauer. (Foto: Thomas

30 Sekunden, sieben Feldspieler und sechs Pässe

Zum 1. Juli 2016 hat die Internationale Handball Federation (IHF) neue Handballregeln eingeführt, die weltweit und in allen Ligen zu beachten sind. Gestützt auf die Erkenntnisse der letzten Jahre, vor allem aber aufgrund eines IHF Symposiums mit verschiedenen Weltklasse-Trainern, wurden substanzielle und strukturelle Änderungen vorgenommen. Für den Spielbetrieb der HSG Siebengebirge gelten aber nicht alle Regeln in allen Fällen. Eine Übersicht.

Alles notiert? Die neuen Regeln sind wichtig für Schiedsrichter, Spieler - und Zuschauer. (Foto: Thomas
Alles notiert? Die neuen Regeln sind wichtig für Schiedsrichter, Spieler – und Zuschauer. (Foto: Thomas “Buddhi” Schmidt)

Torwart als Feldspieler
Ein siebter Feldspieler muss nicht mehr mit einem andersfarbigen Trikot oder Leibchen als Torwart gekennzeichnet sein. Dann darf er aber auch nicht mehr die Aufgaben des Torwarts erfüllen und zum Beispiel den Sechs-Meter-Raum betreten – sonst gibt es einen Strafwurf. Wenn der Ball im Spiel ist und einer der sieben Feldspieler den Torraum betritt und den Ball abwehrt (oder durch eine klare Einflussnahme ein Tor verhindert), erhält die gegnerische Mannschaft einen 7-m-Wurf zugesprochen. Der Spieler wird zudem progressiv bestraft. Er wird ebenfalls progressiv bestraft, wenn die Mannschaft den Ball verliert und der Spieler sich durch das Betreten des eigenen Torraums einen Vorteil zu verschaffen versucht.
Muss eine Mannschaft, die ohne Torwart spielt, einen Abwurf ausführen, muss sie dafür zwingend einen Feldspieler gegen einen Torwart (bzw. Feldspieler mit Überzieh-Leibchen) auswechseln. Kann die gegnerische Mannschaft nach dem Schlusssignal noch einen Freiwurf ausführen, ist es der abwehrenden Mannschaft erlaubt, einen Torwart gegen einen Feldspieler einzuwechseln, wenn sie zu diesem Zeitpunkt ohne Torwart spielt.
Die bisherige Möglichkeit, einen Torwart durch einen Feldspieler mit einem Überzieh-Leibchen zu ersetzen, bleibt aber weiterhin bestehen.

Passives Spiel
Von vielen Trainern wurde bemängelt, dass die Regelbestimmungen, insbesondere nach dem Vorwarnzeichen für passives Spiel, zu unterschiedlich angewendet werden. Wenn die Schiedsrichter das Zeichen für Zeitspiel geben, darf die angreifende Mannschaft noch maximal sechs Pässe spielen, bevor abgepfiffen wird und der Gegner den Ball erhält. Diese sechs Pässe werden auch dann nicht unterbrochen, wenn die gegnerische Mannschaft einen Wurf abgeblockt hat oder die Angreifer einen Freiwurf erhalten. Begeht die abwehrende Mannschaft nach dem sechsten Pass eine Regelwidrigkeit, die zu einem Freiwurf für die angreifende Mannschaft führt, kann diese neben der Möglichkeit, den Freiwurf direkt auszuführen, einen zusätzlichen Pass spielen, um die Aktion abzuschließen. Gleichermaßen wird bei einem Einwurf verfahren: Wird der Wurf nach dem sechsten Pass von der abwehrenden Mannschaft geblockt und der Ball gelangt zur angreifenden Mannschaft zurück, erhält diese ebenfalls die Möglichkeit einen zusätzlichen Pass zu spielen, um die Aktion abzuschließen.
Die Schiedsrichter können aber auch weiterhin jederzeit nach dem Anzeigen des Vorwarnzeichens, aber auch ohne Vorwarnzeichen, auf passives Spiel entscheiden, wenn sie keinen Versuch der angreifenden Mannschaft erkennen, in eine Torwurfsituation zu gelangen.

Die letzten 30 Sekunden
Seit der Regeländerung 2005 wurden in der letzten Minute unsportliches Verhalten (beispielsweise das Verhindern eines Anwurfs) oder schwerwiegende Fouls nach besonderen Vorschriften bestraft. Der Spieler wurde disqualifiziert und die Schiedsrichter erstellten einen schriftlichen Bericht, was in der Regel zusätzlich zu einer Sperre führte. Trotz dieser Maßnahmen wurde das Ziel der Regel nur beschränkt erreicht: Wenn es darum ging, einen knappen Vorsprung oder ein Unentschieden zu sichern, nahmen Mannschaften eine Sperre oft in Kauf, um dem Gegner keine Möglichkeit mehr zu geben, zu einer Torwurfsituation zu kommen und das Spiel noch auszugleichen oder zu gewinnen. Daher werden Fouls – nach Ermessen des Schiedsrichters – innerhalb der letzten 30 Sekunden der Spielzeit nun härter geahndet. Begeht ein Abwehrspieler in diesem Zeitraum eine grobe Regelwidrigkeit oder blockiert zum Beispiel einen Anwurf oder Freiwurf, erhält er eine Rote Karte (ohne Zusatzbericht) und die angreifende Mannschaft automatisch einen Siebenmeter. Gelingt es dem gefoulten Spieler, trotz der Behinderung den Ball einem Mitspieler zuzuspielen, soll zuerst der Vorteil abgewartet werden. Erzielt dieser Mitspieler ein Tor, zählt der Treffer und der Strafwurf entfällt. Der Abwehrspieler, der gefoult hat, wird dennoch disqualifiziert.

Die Blaue Karte
Oft ist für die am Spiel beteiligten Mannschaften und Zuschauer nicht klar, ob die Schiedsrichter eine Disqualifikation mit Bericht aussprechen (also mit zusätzlichen Disziplinarmaßnahmen) oder ohne Bericht (Disqualifikation ohne weitere Auswirkungen für die folgenden Spiele). Jetzt kommt die Blaue Karte ins Spiel: Zeigen die Schiedsrichter nach der Roten Karte auch noch die Blaue Karte, verfassen sie einen schriftlichen Bericht für die zuständige Instanz, die für weitere Maßnahmen verantwortlich ist. Die Disqualifikation wird also weiterhin durch die Rote Karte angezeigt; die Blaue Karte stellt lediglich eine zusätzliche Information dar.

Dreimal Time-Out
Bislang durfte jede Mannschaft einmal pro Halbzeit bei eigenem Ballbesitz eine Auszeit von 60 Sekunden beantragen. Während dieser Unterbrechung können sich beide Mannschaften am Spielfeldrand mit ihrem Trainer besprechen. Zur Saison 2016/2017 ist es erlaubt, pro Spiel insgesamt dreimal ein Time-Out zu nehmen. Wichtig: je Halbzeit kann nur zweimal und in den letzten 5 Spielminuten nur ein Time-Out pro Mannschaft genommen werden.

Verletzter Spieler (nur relevant für Spielbetrieb auf DHB bzw. IHF Ebene)
In den letzten Jahren waren immer häufiger Situationen zu beobachten, in denen ein Spieler unnötigerweise medizinische Versorgung auf der Spielfläche verlangte. Dies beispielsweise mit dem unsportlichen Ziel, den Spielrhythmus zu stören oder die Spielunterbrechung zu verlängern. Negative Einflüsse auf das Spiel waren die Folge. Die bisherigen Bestimmungen reichten für Schiedsrichter und Delegierte nicht aus, um dieses Verhalten zu unterbinden. Jetzt neu: Verletzte Spieler sollen möglichst außerhalb des Spielfeldes behandelt werden, um den Spielfluss des Gegners nicht zu unterbinden. Nur in berechtigten Fällen sollen die Schiedsrichter Offizielle der Mannschaften aufs Feld lassen. Wird der Spieler auf dem Feld behandelt, muss er drei Angriffe seiner Mannschaft auf der Bank pausieren, ehe er wieder aufs Feld darf. Seine Mannschaft muss den freien Platz mit einem anderen Spieler auffüllen. Bei Zuwiderhandlungen werden Zwei-Minuten-Strafen verhängt.
Diese Regeländerung wird nicht in den Ligen berücksichtigt, in denen die HSG Siebengebirge in der Saison 2016/2017 antritt.

 

Max Wessendorf, Anastasia Bau, Matthias Reintgen